Werte und Spiritualität: Erwachsenenbildung als Begleitung, den eigenen Weg zu gehen
„Für mich ist das Christentum eine lernende Religion. Kirchliche Erwachsenenbildung befähigt und ermächtigt Menschen, sich ein Urteil zu bilden.“, betonte Roman Siebenrock, Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Theologischen Fakultät Innsbruck in einem Online-Talk-Format des Forums Katholischer Erwachsenenbildung.
Im Gespräch mit Christian Kopf, Leiter des Bildungshauses Batschuns in Vorarlberg und Vorstandsvorsitzender des Forums, diskutierte auch die Theologin und Sozialethikerin Magdalena Holztrattner. Sie erinnerte in ihrem Einleitungsstatement an das Sozialwort der Kirchen. Darin gehe es, mit großer Aktualität für die Erwachsenenbildung, um die Bildung zu selbstbewussten Bürgerinnen und Bürgern.
Menschen auf der Suche begleiten
„Katholische Erwachsenenbildung muss Menschen ermächtigen, sich im Sinne eines guten Lebens für alle in die Gesellschaft einzubringen.“ In diesem Zusammenhang sei auch Spiritualität ein wichtiges Momentum. Das sei nicht etwas Jenseitiges. Vielmehr gehe es darum, Menschen auf ihrer Suche zu begleiten. So wichtig das Wissen auch sei. In der Erwachsenenbildung brauche es vor allem Begegnung und Beziehung. „Erwachsenenbildung heißt, Menschen zu begleiten, ihren eigenen Weg zu gehen.“, konkretisierte Holztrattner. Dazu brauche es auch den Raum, die Kirche zu hinterfragen. Es brauche Mystik und Kontemplation, und es brauche auch den Widerstand, so die langjährige Leiterin der Katholischen Sozialakademie Österreich.
Gott liebt die Pluralität
Roman Siebenrock verwies darauf, dass „Gott die Pluralität liebt“. Katholizität brauche keine Abgrenzung. „Katholizität heißt, mit der Menschheit unterwegs zu sein. Vor allem im Blick auf die Schwächsten.“ Er erinnerte an Papst Paul VI: „Kirche macht sich selbst zum Gespräch, und sie nimmt das Gespräch an“.
Die Kirchenleitung befinde sich derzeit in einer unglaublichen Verlegenheit. Er sehe von niemandem in der Kirchenleitung eine „leitende Grundidee“ für eine Kirche mit Zukunft. Die Kirche befinde sich in einer enormen Transformation und niemand wisse, wie diese in 50 Jahren aussehen werde.
Synodaler Prozess als große Chance
Eine große Chance sehe er im Synodalen Prozess. Im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gehe es darum, im Dialog zu sein. Für diesen Dialog brauche es kritische Bildung und Reflexion.
„Erwachsenenbildung heißt, den Umgang mit anderen zu pflegen und sich auf einen Prozess einzulassen. Es geht um Ermächtigung und Befähigung, sich ein Urteil zu bilden.“ Es gebe heute keine Selbstverständlichkeiten mehr. Die Riten, mit denen er aufgewachsen sei, wären für viele Menschen heute exotisch. Insofern sei es eine spannende Herausforderung, das Katholische heute neu zu finden. Magdalena Holztrattner verglich die Kirche in ihrem Schlusswort mit einer Permakultur. Es brauche viel Platz und Raum. Es gehe darum, auch als große Aufgabe für die kirchliche Erwachsenenbildung, mit anderen Meinungen umgehen zu lernen. Alles Erwachsenenbildnerische Tun müsse letztlich dem „Wachsen als Persönlichkeit“ dienen.
Diskussionsreihe im Jubiläumsjahr des Forums Katholischer Erwachsenenbildung
Das Forum Katholischer Erwachsenenbildung in Österreich feiert 2022 sein 25-jähriges Bestehen. Bis zum Sommer veranstaltet das Forum - zu diesem großen Verband gehören 71 kirchliche Erwachsenenbildungseinrichtungen in ganz Österreich, mit 700 hauptamtlichen und 11.500 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - Online-Formate zu aktuellen Fragen der Erwachsenenbildung.
Nächster Online-Talk zum Thema „Politik und Medien“
Der nächste Online-Talk findet am 31. März 2022 statt. Die Chefredakteurin der Wochenzeitung „Die Furche“, Doris Helmberger-Fleckl, und Peter Plaikner, Journalist und Medienberater, diskutieren über die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und die Rolle der Medien. Die Talk-Formate sind für alle Interessierten kostenlos und frei zugänglich.